Skipper? Dass ich nicht lache…

Flashback!

Wer sich an diesen Artikel von vor drei Jahren erinnert, der weiß, dass ich immer mal wieder gerne ein Skippertraining mache, um neue Dinge zu lernen und mein Wissen auf zu frischen. Auch ein bisschen Boot-Handling tut gut.  Gerade beim speziellen Hafenmanövertraining bekommt man wieder etwas Routine dabei, einen 7-Tonnen-Kahn im engen Hafen herum zu bugsieren. Dennoch werden in der Regel auch ganz allgemeine Verhaltensregeln (Seemannschaft) vermittelt bzw. aufgefrischt.

Naja, normalerweise. In DIESEM Fall muss ich hier mal meinem Ärger Luft machen. Wer mich also gerne schimpfen liest, der ist heute hier genau richtig.

Ankommen

Es gibt da so eine alte Segel-Regel: Egal wie kurz der Törn ist, die Tasche wird immer voll! So auch in diesem Fall:

Also ging es am Freitag Früh gegen halb Zehn los nach Lemmer in Holland. 520 Kilometer. Beginn um 17:00 Uhr. Das müsste doch wohl reichen? Naja – gerade so. Um 16:45 Uhr bin ich dort angekommen und hatte nur eine halbe Stunde Mittagspause auf einer Raststätte. Ich war also schon reichlich genervt, bevor das Training überhaupt los ging. Dass der Ruhrpott ein verkehrstechnischer Albtraum ist habe ich vorher gewusst. Dass Holland rings um Appeldoorn aber im Grunde dazu sagt „hold my beer“, das war mir nicht klar.

Lemmer hat (mindestens) zwei Häfen. Unser Training fand nicht – wie zunächst angenommen – im großen Yachthafen statt, sondern in einem kleinen süßen Hafen inmitten einer Ferienhaussiedlung. So was niedliches habe ich ehrlich gesagt noch nicht gesehen und es war fast schon skurril, auf dem Boot stehend, in ca. 10 Meter Entfernung Kühe auf der Wiese  zu sehen.

Ferienhäuser ringsum.
Unser Yachthafen mitten in Lemmer…

Direkt los

Nachdem wir uns um 17 Uhr auf dem Boot versammelt und die Betten verteilt hatten, wollte unser Skipper unbedingt noch los, eine Runde fahren. Die Sicherheitseinweisung, die im Vorfeld per eMail angekündigt wurde („Die spezielle Sicherheitseinweisung findet vor Ort an Bord statt.“), bestand im Wesentlichen aus: „Hier ist der Motor, da der Gaszug und dort das Getriebe“. Aber dazu später mehr.

Wir sind also noch einmal aus dem Hafen raus in eine größere Wasserstraße gefahren und haben dort das Boot kennen lernen dürfen. Achter fahren vorwärts und rückwärts, aufstoppen, erste Annäherungen rückwärts an die Spundwand…

Bei den ganzen Sprüchen wie „sowas muss man schnell fahren, Geschwindigkeit siegt…“ und „Das Boot ist wie ein Rennpferd, das muss man hart ran nehmen“ war mir schon ziemlich schnell klar, was das für eine Type war.

Zielübungen

Obwohl der Kurs eigentlich beworben wurde als „für Inhaber des SKS“ hatte einer der Teilnehmer seine Uschi dabei. Und die konnte nicht mal Links von Rechts unterscheiden. Ich meine, man kann ja mal Backbord und Steuerbord verwechseln. Aber wenn jemand sagt „fahr mal nach links“ und auch noch hin zeigt, dann müsste man doch vernünftig am Rad drehen können? Und ich rede hier nicht von Rückwärts fahren…

Jedenfalls hat sie es damit und mit ihrer hilflosen Art (ach Gott, was hab ich  da wieder gemacht….) geschafft, die volle Aufmerksamkeit des Skippers zu erhalten.

Wir sind dann gegen halb Acht wieder zurück im Hafen gewesen und ich war hinreichend vor-genervt. Wenigstens das Abendessen war lecker.

Paule heißt der Hafenmeister…

Am Samstag ging es durch eine Schleuse raus ins Ijsselmeer. Ehrlich gesagt finde ich 45 Minuten Wartezeit vor der Schleuse im Rahmen eines sowieso nur zwei Tage langen Trainings – grenzwertig. Aber wenigstens haben wir mal geschleust. Auch was Wert.

Damit konnten wir den größeren Hafen von Lemmer anlaufen, in dem die Trainings normalerweise stattfinden. Cool, dachte ich, dann geht’s jetzt los. Pustekuchen. Scheinbar hat es unser Skipper in der Vergangenheit öfter übertrieben. Bei fast jeder Übung kam nach kurzer Zeit ein Hafenmeister an und hat uns beschimpft bzw. forsch aufgefordert, sofort zu verschwinden. Hier würde nicht geübt, das ginge nicht…

Mich hat also zunächst schon die Situation gestresst, da ich nie wusste, ob ich überhaupt die Übung an der Stelle noch durchführen können würde bevor wir wieder verjagt würden. Und dann war da noch Uschi, die nicht lenken konnte (wie hat die eigentlich den Führerschein fürs Auto gemacht?) und x Anläufe brauchte. Boah hab ich innerlich gekocht. Wieso zum Henker bucht der sich seine Yachten nicht zukünftig in Stavoren, da hat der Hafenmeister mit Üben keinen Stress. Hab ich ihm vorgeschlagen. Wird er aber wahrscheinlich nicht machen.

Das ganze dann garniert mit einem egomanen, sexistischen und unprofessionellen Skipper, der sich darüber definiert, mit wie vielen weiblichen Mitseglerinnen er schon geflirtet hat und wie er alten Menschen im Geschäft ins Gesicht geschlagen hat…

Ich schaue mir den Kahn mal von unten an…

Zurück zur Sicherheitseinweisung. In Pamphlet steht zum Beispiel drin, dass bei Arbeiten auf dem Vorschiff eine Rettungsweste getragen werden soll. Anlegemanöver bestehen häufig aus Arbeiten auf dem Vorschiff…

Ich habe Freitag Abend beim Abendessen darauf hingewiesen dass ich es so kenne, dass im Hafen grundsätzlich die Westen getragen werden. Sein Kommentar: Jetzt wo Du es gesagt hast muss ich das auch ins Logbuch eintragen. „Aber ICH werde keine anziehen“. Leading by Example, anyone?

Als gäbe es keine bessere Gelegenheit: Beim Anlegen am Samstag Abend geht Uschis Stecher im großen Bogen rückwärts von Bord. Ohne Weste. Zum Glück hat er sich nirgends den Schädel aufgeschlagen. Ohnmächtig hätten wir den in der Brühe nämlich nicht gefunden. Irgendwelche Lessons learned? Allgemeine Westenpflicht? Fehlanzeige. Spacko.

Seemannschaft

Ganz allgemein kenne ich es so, dass – unabhängig von der Länge des Törns und des Revieres – bestimmte Verhaltensregeln an Bord eines Schiffes etabliert und eingefordert werden. Beispiele gefällig?

  • Im Hafen werden Westen getragen. Immer!
  • Dazu müsste man die Westen aber individuell zuweisen, einstellen und einmalig prüfen.
  • Alle Seeventile werden vor Auslaufen geschlossen.
  • Auch dazu müsste man erst mal klären, wo die sind und ob sie alle funktionieren.
  • Bilgenkontrolle. Jeden Morgen!
  • Vor jedem Auslaufen wir der Motor gecheckt. Öl, Filter,…
  • Bei Nichtbenutzung wird nicht nur der Gashahn in der Küche geschlossen, sondern auch die Gasflasche zu gedreht.
  • Alle Luken sind vor dem Auslaufen zu schließen.
  • Unter Motor werden die Schoten der Rollfock stramm dicht geholt, damit man sich bei Arbeiten auf dem Vorschiff daran fest halten kann.
  • Funke ist AN.
  • und dergleichen mehr…

Nichts davon, wirklich GAR NICHTS war unserem Skipper irgendwie wichtig. Solche Routinen sind aber nicht nur für Besitzer des SKS als gutes Beispiel wichtig, sondern gerade auch für  Anfänger. Ich bin im Nachhinein immer noch entsetzt.

Stempeln gehen

Auch so eine Best Practice: Wenn man einen Törn macht, bekommt man die Seemeilen vom Skipper bestätigt. Denn nicht nur SKS-Anwärter müssen eine Mindestzahl an Seemeilen nachweisen, auch für die weiteren Scheine gibt es Mindestgrenzen. Noch dazu ist so ein Meilenbuch eine schöne Sammlung der vergangenen Törns und weckt Erinnerungen. Gut, in DIESEM Fall lautet die Devise „Schnell vergessen“.

Dennoch war ich echt überrascht als der Skipper auf die Nachfrage bezüglich Meilenbestätigung meinte: „Hab ich jetzt nix dabei. Vielleicht hinterher irgendwie per eMail.“ Geht es noch unprofessioneller?

Für mich ist jedenfalls klar, dass ich bei diesem Anbieter nie wieder buchen werde. Ich habe ihm ein paar meiner Eindrücke per eMail geschildert. Ich bin gespannt, ob was zurück kommt. Andernfalls werde ich ihm seine Bewertungsstatistik bei Google mit meinem Erfahrungsbericht ein wenig verhageln.

Bis dann, dann
Bloke

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