Über den Wolken…

… muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Aber „leider“ war ich nicht über den Wolken. Erstens waren kaum welche da und zweitens sind wir nicht so hoch geflogen. Andererseits: Zum Glück!

Aber warum bin ich überhaupt in die Luft gegangen? Die kurze Antwort: Eva ist Schuld. Letztes Jahr, zum 50. Geburtstag, hat sie mir einen Gutschein vom Mitflug-Portal Flyt.club geschenkt, weil ich schon seit einer Weile begeistert virtuelle Flugzeugen im Microsoft Flugsimulator pilotiere. Und Eva wollte mir unbedingt mal die reale Erfahrung ermöglichen.

Einige von euch werden bemerkt haben, dass ich mittlerweile schon 51 Jahre alt bin, es hat also ein bisschen gedauert. Zunächst hatte ich mir einen Piloten ausgesucht, der nur an Samstagen oder Werktagen geflogen ist. Das ist aber mit meinem Zeitplan und unserem Kalender heftig kollidiert. Als dann auch noch das geplante Flugzeug in die Wartung ging, haben wir das Ganze aufgrund der Winterpause aus gesetzt. Dieses Frühjahr bin ich erneut auf die Suche gegangen und habe einen Wormser Piloten entdeckt. Als der mir jedoch am Vorabend des Fluges wegen Verletzung abgesagt hatte gab es einen Kuddelmuddel mit der Buchung und dem Portal. Also habe ich erneut gesucht und einen netten Piloten aus Mainz entdeckt. Und weil ich das Ganze jetzt endlich auch mal in die Praxis umsetzen wollte, habe ich mir den halben Montag frei genommen.

Sanft oder ruppig?

Zunächst war mein Plan, abends, nach Feierabend zu fliegen. Der Pilot hat aber darauf aufmerksam gemacht, dass nicht nur der Flugplatz um 20 Uhr schließt, sondern dass auch die Luft morgens viel klarer und ruhiger ist. Und so war es tatsächlich. Als wir uns um 8 Uhr Früh auf dem Flugplatz Mainz-Finthen trafen herrschte neben blauem Himmel auch absolute Windstille.

Das Fluggerät der Wahl war ein Ultraleichtflugzeug vom Typ FK9 einer Firma in Speyer. „Ultraleicht“ weckt bei mir Assoziationen zu Gleitschirmen mit Rucksackmotor oder Flugdrachen mit Stahlrohrgestell… In meinem Fall war das aber gar nicht der Fall. Im Gegenteil. Äußerlich wirkte die Maschine recht erwachsen und eine Reisegeschwindigkeit von 160-180 km/h finde ich auch recht ordentlich.

Das Fluggerät für den Tag.

Auf den zweiten Blick war der Platz im Innenraum dann doch nicht ganz so üppig, für die geplanten 2 Stunden aber durchaus aushaltbar 😉

Für nen ganzen Mann… auf den Leib geschneidert 😉

Nach dem Einsteigen ging der Blick zunächst mal ins Cockpit und da fielen mir zwei Sachen auf:

Cockpit-Durcheinander
  1. Während die Instrumente in „größeren“ Flugzeugen normalerweise durchgängig in den US-Einheiten Knoten, Fuß und Meilen sind, findet sich hier ein wunderbares Durcheinander: Geschwindigkeit in km/h, Steigrate in m/s und die Höhe in Fuß. Ernsthaft? Da muss man ja alles immer ineinander umrechnen!
  2. Wer erkennt den großen, roten Hebel in der Mitte? Das ist eine Besonderheit bei den Ultraleichten. Weil Ultraleichtflugzeuge so ungemein LEICHT sind, kann man dort ein weiteres Sicherheitsfeature einbauen, für das normale Flugzeuge einfach zu schwer sind. Wenn es ein Problem mit dem Motor gibt oder der Pilot nicht mehr Herr seiner Kräfte ist, dann zieht man an dem Hebel und heraus kommt: Ein Fallschirm. Während ein normales Flugzeug eher ruppig im Acker landen muss, schwebt ein Ultraleicht sanft am Schirm gen Boden. Cool, oder?

Up in the air!

Nach dem Auftanken der Maschine und einem kurzen Check inkl. Öl-Kontrolle ging es dann aber endlich los. Die vorgesehene Flughöhe lag zwischen 2.000 und 3.000 Fuß (700 – 1.000 Meter). Ein guter Kompromiss zwischen „ich kann noch was erkennen“ und „Höhe ist Dein Freund“. Der zweitbeste Freund ist übrigens die Geschwindigkeit. Daher wurde auch völlig ohne Klappen abgehoben. Die Landebahn war lang genug, der ohne Klappen benötigte „Anlauf“ kurz genug und mit der dadurch höheren Geschwindigkeit hat man gleich mehr Stabilität und Reserven im Flugzeug.

Der Aufstieg auf die Ziel-Höhe war sehr geschmeidig und frei von Turbulenzen oder anderen Überraschungen. Eines ist mir aber relativ schnell nach dem Start aufgefallen, als Stefan (der Pilot) sagte „Da vorne ist der Donnersberg.“: 160 km/h klingen vielleicht wenig, aber da man diese wirklich konstant fliegt – noch dazu in Luftlinie – kommt man überraschend schnell vorwärts.

Kaum über Grünstadt, sieht man „direkt“ dahinter Bad Dürkheim und gleich danach taucht Neustadt auf. Mit dem Auto braucht man über eine Stunde, das Ultraleicht schafft es in knapp unter 30 Minuten…

Und kurz darauf:

Home, sweet Home!

Bei einer kleinen Extra-Runde über das Hambacher Schloss und die Kalmit hat es uns dann doch ein bisschen durch geschüttelt. Die Sonne bruzzelte und da kam auch Thermik auf.

The „Schloss“

Weitere Highlights des Fluges waren:

Speyer:

Hockenheim-Ring:

Heidelberg:

Roche:

Und das Rheingau:

Die „böse“ Fliegerei

Nach dem Rheingau ging es dann zurück in Richtung Mainz-Finthen, wo wir uns zwischen einer Übungsmaschine am Boden (Roll-Übung auf der Startbahn) und einer anderen, anfliegenden Maschine einsortieren durften. Das war für mich einer der spannendsten Momente. Die Piloten entwickeln da wirklich ein festes Muster mit Orientierungspunkten am Boden (Ponyfarm), um den Anflug so reproduzierbar wie möglich zu machen. Interessanterweise unterstützt der Flugplatz Mainz-Finthen den letzten Teil des Anfluges mit PAPI-Lichtern.

Nach geglückter Landung durfte ich mich zügig auf den Heimweg machen, die ersten Calls des Tages warteten schon auf mich. Stefan musste den Flieger noch putzen und tanken. Dabei ist mir aufgefallen: Man hört ja öfter, wie schlimm Flugzeuge sind… das Klima und so…

Aber mal abgesehen davon, dass das hier ein Rundflug zum Spaß war, fand ich die Zahlen gar nicht so schlecht. Wir waren zwei Stunden in der Luft, haben dabei gut 350 Kilometer zurück gelegt und am Ende nur ca. 30 Liter Benzin verbraucht. Das ist unter 10 Liter pro 100 Kilometer und manches Auto braucht auch nicht weniger…

Ich hatte jedenfalls einen wahnsinnigen Spaß und fand es interessant, die Landschaft, die ich aus dem Simulator kannte, mal real aus der Luft zu sehen. Auch die Abläufe im Cockpit und der Funkverkehr waren sehr spannend zu beobachten. Der Nervenkitzel im echten Flugzeug ist ungleich höher und natürlich tut auch das Popometer seinen Teil. Am Simulator spürt man nicht, wenn es rauf oder runter geht. Aber zumindest die Optik bekommen die Entwickler bei Microsoft schon sehr gut hin und auch die Abläufe im Cockpit passen erstaunlich gut.

Ich kann allen, die sich auch nur ein Bisschen für die Fliegerei interessieren einen solchen Mitflug wärmstens empfehlen. Schaut euch mal auf dem Portal um, sooo teuer ist das gar nicht.

Viele Grüße,
Bloke

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