Perform a U-Turn…

…whenever possible. Wenn ihr wissen wollt, warum ich diese Ansage vom Navi heute gleich 2-mal gehört habe, dann müsst ihr noch einen Moment dran bleiben. 😉

Zuerst möchte ich Euch noch ein paar Eindrücke vom Tongariro Crossing erzählen. Ein bisschen was habe ich ja schon bei der Bildergalerie geschrieben, ich werde mich auch nicht zu sehr wiederholen (hoffe ich).

THE Crossing

Dieser Trek war wirklich ein Erlebnis.

Am frühen Morgen war das Wandern klimatechnisch ja noch halbwegs angenehm. Dennoch – mit dem stetig ansteigenden Weg kam auch die innere Temperatur. Die Jacke hatte ich nach gut 15 Minuten schon aus. Auf den ersten 3-4 Kilometern steigt der Schwierigkeitsgrad langsam an, unterbrochen von ein paar flachen Passagen. Irgendwann erreicht man Soda Springs, wo man einen kleinen Abstecher zu einem Wasserfall machen kann. Der lohnt sich zwar, wenn man sich aber auf den Rückweg von Soda Springs zurück zum Hauptweg macht, trifft einen glatt der Schlag: Man sieht nämlich dann erst, wo (und WIE) es mit dem nächsten Abschnitt „Devils Staircase“ weiter geht. So genau hätte ich das zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen müssen. Glücklicherweise war das, was ich da sah, und was mich schon optisch fertig gemacht hat, am Ende nur ca. 1/3 des gesamten Abschnitts. So kamen noch viele weitere steile Treppenstufen, die ich von Soda Springs aus noch nicht sehen konnte.

Am Ende der Staircase geht es über eine Ebene hinüber zum Red Crater. Hier sieht man schon von unten ziemlich genau, was auf einen zu kommt und die Warnschilder an der Rast-Stelle sind eindeutig: „Please consider turning around now, this is your last chance. 20% of all Search&Rescue on this track happen at red crater“.

Just zum Beginn des Aufstiegs zum Red Crater kam die Sonne heraus. Gut für die Fotos, schlecht für die Kondition. Ich habe mehrfach Pausen eingelegt, auf dem Weg nach oben. Aber das Verrückteste kam erst danach.

Runter kommen sie alle…

Vom Red Crater geht es nämlich über ein sehr steiles Stück aus losem Geröll hinunter zu den Emerald Lakes. Im Englischen beschreibt das Wort „Landslide“ einen Erdrutsch. Das was ich hier gesehen habe entsprach aber eher einem „Manslide“: die Menschheit am Abgrund 😉

Hunderte Wanderer versuchen, den Abhang hinunter zu kommen. Rutschen mit „Slippern“ aus, Knicken mit Turnschuhen um, spießen sich auf Wanderstöcke auf, gehen Rückwärts auf allen Vieren den Hang herunter. Unfassbar. Echt ein Schauspiel.

Ich habe versucht, dazu ein Video zu finden, war aber nicht besonders erfolgreich. Ich glaube, auf diesem hier sieht man es halbwegs: Red Crater descent

Besonders fies sind die „Fortschrittsschilder“, die anzeigen, wieviele der 19,4 km man schon geschafft hat. Und wenn man es vom Red Crater herunter geschafft hat, dann zeigt das nächste Schild eine schlappe 9. Über die Hälfte noch voraus.

Über diese zweite Hälfte gibt es aus meiner Sicht nicht viel zu sagen. Im Wesentlichen geht es Knie- und Fußbelastend bergab. Insgesamt gut 1.200 Meter. Allerdings liegt der Weg nach Unten die ganze Zeit in der Sonne. In unserem Fall mit wenig bis keinem Wind. Es war die reinste Sauna. Die letzten 4 Kilometer zogen sich unfassbar lange. Ich war mit 6:45 Stunden Gehzeit für meine Begriffe relativ flott. Immerhin habe ich zwischendurch ja auch ein paar Bilder gemacht. Aber ich war auch extrem froh, es hinter mir zu haben. Wenn ich den Trek nochmal machen müsste, dann würde ich vielleicht das Frühjahr oder den Herbst wählen.

On the Road again

Am 1.1.2019 ging es vom Tongariro Nationalpark rüber nach New Plymouth, in die Nähe des Mt. Taranaki. Der Weg dorthin kann entweder über den küstennahen Highway 3 gewählt werden, oder über den Forgotten World Highway. Mein dusseliges Vermieter-Navi wollte mich permanent über den Highway 3 routen, ICH wollte aber über die Alternativroute. Immer wieder wollte es mich „turn right“ schicken. Ich hab‘s ignoriert. Bis an einem Punkt die Ansage kam: Perform a U-Turn whenever possible“. Nummer Eins! Das habe ich natürlich nicht gemacht und kurze Zeit später habe ich auch gemerkt, wieso ich hätte wenden sollen:

Der vergessene Highway wurde schlagartig zur Schotterpiste. Mobilfunknetz hatte ich schon seit einer halben Stunde nicht mehr. Und andere Autos waren nicht zu sehen. Ich habe mich kurz gefragt wie das wohl laufen würde, wenn ich jetzt eine Panne hätte. Den Kofferraum voll Gepäck, 2 Liter Wasser dabei, Kein Telefon, keine Autos… Augen zu und durch.

Und so kann es am Ende der Welt aussehen:

Dieser Tunnell heißt „Hobbithole“
Vergessene Welt, Brocken auf der Straße

Ach so: Ganz am Anfang zum Highway stand ein Schild das darüber informierte, dass es ab dort für 150 Kilometer keine Tankstelle geben würde. Zum Glück hatte ich wenigstens morgens aufgetankt.

Mitten drin in der vergessenen Welt liegt ein kleines, vergessenes Städtchen:

Whangamomona. Die schrulligen Bewohner dieses Ortes haben 1989 ihre eigene Republik ausgerufen und im zentral gelegenen Hotel kann man sich auch einen Stempel in den Pass drücken lassen. Hab ich natürlich gemacht:

Neuer Stempel im Pass
Sitz der Republik Whangamomona

Kurz danach wurden die Straße wieder breiter und besser sowie auch mehr befahren. Man war wieder in der Zivilisation angekommen.

Das brachte drei/vier Begegnungen mit sich, die mich an einen Kommentar der Busfahrerin zum Cape Reinga erinnerten: Pizza.

Straßenpizza

„Road Pizza“ um genau zu sein. Die Leute hier sprechen von Road-Pizza wannimmer es ein Tier nicht mehr rechtzeitig zum Straßenrand geschafft hat. Das trifft einige Opossums, Ratten und viele die ich nicht identifizieren konnte. Deutlich mehr Tiere jedenfalls, als bei uns zuhause. Was mich aber fasziniert hat, das sind die Vögel. Das sind hier nämlich wirklich komische Vögel.

Wenn man nämlich mit dem Auto z.B. um eine Kurve kommt, dann sitzen da häufig Vögel. Die sind immer herrlich erschrocken angesichts des Autos, das da auf sie zu kommt. Aber es dauert eine Weile, bis sie schnallen, das das Auto nicht ausweichen wird. Und dann fangen sie an, von der Straße herunter zu LAUFEN! Ein Schauspiel. Ich meine – das sind VÖGEL. Die könnten ja fliegen. Aber nein, es wird gelaufen. Alleine heute war es drei mal wirklich eng…

Mt Taranaki

Da ich an diesem Tag relativ gut in der Zeit lag, habe ich beschlossen, direkt im Mt. Egmont Visitor Center vorbei zu schauen und zu prüfen, ob der Summit Climb morgen überhaupt machbar ist. Das Navi im Auto war natürlich noch auf die Unterkunft programmiert, die wollte ich nicht raus nehmen. Zumal ich im Navi keine „Letzte Ziele“ gefunden habe. Ich hätte die Adresse der Unterkunft wieder neu programmieren müssen.

Während mich das Navi also verzweifelt in Richtung Unterkunft navigieren wollte, bin ich den Hinweisschildern zum Mt. Egmont Visitor Center gefolgt. Ab einer bestimmten Stelle wurde die Zubringerstraße dann zur Sackgasse ohne abgehende Straßen. Während der 8 Kilomenter von der letzten Abzweigung bis zum Visitor Center hörte ich alle 30 Sekunden: „Perform a U-Turn whenever possible“. Nummer zwei!

Falls Ihr Euch wundert: Die Engländer hatten bei ihrer Ankunft in der Gegend den Berg wohl Mt. Egmont genannt. So heißt auch das Visitor Center immernoch. Und der Nationalpark. Die Maori nannten den Berg aber Mt. Taranaki und zumindest für den Berg ist das wieder der offizielle Name.

Ich habe mich mit einer Mitarbeiterin dort unterhalten. Das Wetter sollte für den Aufstieg gut sein und meine geplante Startzeit ist mit 7 Uhr auch OK. Angeblich gehen ca. 60% der Zeit für den Aufstieg drauf, 40% für den Abstieg. Ich hatte eher mit 50/50 gerechnet, weil der Abstieg auch sehr haarig sein soll. Mal sehen. Wenn ich also bis 13 Uhr nicht oben bin, dann drehe ich wieder um.

So, für mich heißt es jetzt langsam Essen fassen. Um ca. 5:45 Uhr klingelt der Wecker.

Ich melde mich, wenn ich morgen Abend wieder unten bin 😉

Gruß,
Bloke

Ein Gedanke zu „Perform a U-Turn…“

  1. Der Red Crater descent hat mich doch sehr an unseren Auf- und Abstieg am Mt. Meru, Tansania, erinnert: 2000 Höhenmeter hinauf, 1000 m. runter, an einem Tag …..
    Bei dem Höhentraining, das Du jetzt hast, könntest Du dir ja für das nächste Jahr ein paar leichte 6000er in den Anden vornehmen ….
    Viel und unfallfreien Spaß weiterhin!

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