Eigentlich wollten wir schon letztes Jahr im Sommer nach Wien. Aber dann hatte ich mir den Meniskus gerissen und war nicht ganz mobil. Außerdem hatten wir auch Karten für Olympia in Paris und es war klar, dass wir DAS nicht stornieren wollten. Also musste im Vorfeld das lädierte Bein geschont werden. Ergebnis: Wien storniert. Dieses Jahr wollten wir im Herbst eigentlich nach Südfrankreich / Norditalien. Arbeitsbedingt haben wir uns aber für einen kürzeren Trip entschieden und so gibt es jetzt einen neuen Anlauf für… Wien!
Die Vorbereitungen hierfür sind schon vor einigen Wochen gestartet. Neben der Auswahl eines netten Hotels steht die Frage der Anreise im Raum.
Mutig, mutig…
Wer hier ab und zu mit liest weiß, ich stehe der Deutschen Bahn recht skeptisch gegenüber. Wann immer ich kann, vermeide ich es, diesem Konzern mein Geld in den Rachen zu werfen. Service und Zuverlässigkeit sind einfach zu schlecht. Entsprechend wären wir letzten Sommer auch nach Wien geflogen.
Diesmal wollten wir es mit dem Zug versuchen. Von Landau aus würde das aber bedeuten: mindestens in Neustadt, Mannheim und Frankfurt umsteigen. NIE. IM. LEBEN! Also gab es einen kleinen Kompromiss. Es ging mit dem Auto nach Frankfurt und von dort direkt nach Wien. Ich war gespannt wie ein Flitzebogen: Ob sie das wohl auch verschissen bekommen?
An dieser Stelle sei gesagt: zwei (!) Wochen vor dem Urlaub kam eine eMail von der Deutschen Bahn: Die gebuchte Verbindung findet nicht statt. Die Zugbindung ist aufgehoben und wir sind voraussichtlich eine Stunde später in Wien. Übrigens gilt die Sitzplatzreservierung nur noch auf einer Teilstrecke bis Nürnberg und ansonsten können wir uns ja kostenpflichtig eine neue buchen. Genau genommen können wir auch das nicht, denn eine alternative - frühere - Verbindung, die bereits um 8 Uhr in Frankfurt startet, kann überhaupt nicht reserviert werden. Weder in der App noch am Schalter. ICH HABE NICHT GENUG MITTELFINGER FÜR DIESEN VERSCHISSENEN LADEN!
Schnellvorlauf auf Mitte Oktober
Ob die Bahn es also schaffen wird, uns problemlos und pünktlich nach Wien zu bringen? Heute ging es los. Wir haben in Flughafennähe geparkt und uns auf den Weg zur S-Bahn-Haltestelle gemacht. Mit über einer Stunde Zeit bis zur Abfahrt des ICE gab es üppige Zeitreserven. Aber der erste Aufreger ließ nicht lange auf sich warten. Laut Google-Maps-Routing fährt die S9 zum Hauptbahnhof, die S8 aber nicht. Lauf Frankfurter S-Bahn Plan führen beide Routen über den Hauptbahnhof. So haben wir die aufgrund dieser Diskrepanz die direkt einfahrende S8 sicherheitshalber erst einmal ziehen lassen. Kurz darauf wurde uns klar, dass es offensichtlich am Morgen Fußgänger auf den Schienen gab und daher viele S-Bahnen und Züge deutlich verspätet waren.
Kurze Strecke, trotzdem ereignisreich
Dann standen wir eine knappe halbe Stunde später in der S8 auf dem Weg zum Hauptbahnhof, als uns kurz vor der Haltestelle Stadion / Deutsche Bank Park ein Mitfahrer mit e-Roller auf fiel, der leicht blass an uns vorbei durch den Zug eierte. Was hat der bloß und was will der nur? Kurz darauf durften wir folgendes beobachten: Stopp an der S-Bahn-Station – Tür geht auf – Raus gebeugt und Brecherle auf den Bahnsteig gemacht – Tür zu und weiter geht’s. Genau sowas brauche ich morgens um kurz vor Acht Uhr! Wenn’s einem so schlecht geht, wieso steigt man nicht aus? Was wäre passiert, wenn es zwei Minuten länger bis zum Bahnhof gedauert hätte?
Immerhin haben wir uns kurz und nett mit einem Inder unterhalten, der auf dem Weg nach Wien war, um dort auf einem Flußkreuzfahrtschiff zu arbeiten.
Die Bahn hat´s auch drauf
Aus der guten Stunde Puffer wurden durch die ganzen Verspätungen am Ende 15 Minuten. Genug, um schnell zwei Brezeln und Getränke zu besorgen, bevor wir dringen zum Zug mussten. Der stand nämlich schon am Bahnsteig und ihr erinnert euch: Wir konnten vorab keine Plätze reservieren. Zum Glück haben wir trotzdem noch zwei Plätze nebeneinander gefunden und auch genug Platz fürs Gepäck gehabt. Aber dennoch (und ums kurz zu machen): Die Bahn hat mich nicht enttäuscht und wieder reichlich genervt:
- Der Zug wurde hier in Frankfurt gestartet. Der KONNTE also keine Verspätung vor sich her schieben. Wie zum Henker kommt man da schon um 10 Minuten verspätet aus dem Bahnhof raus?
- Der Zug bestand aus ZWEI ICE Zügen. Natürlich fuhr nur der Teil bis nach Wien, in dem wir NICHT saßen. Das bedeutete: Irgendwann demnächst noch in die andere Hälfte wechseln, VOR Passau.
- Auf der Toilette gab es kein Wasser zum Hände waschen. Zum Glück gab es in der benachbarten Behindertentoilette fließend Wasser. Aber dafür keine Seife.
In Regensburg sind überraschend viele Mitreisende ausgestiegen. Ffalls mir jemand erklären kann, was es dort interessantes gibt bin ich für jeden Hinweis dankbar.
Beim Wechsel in die vordere Zughälfte in Passau sind wir nicht raus und in den ersten Wagen vorne wieder rein. Wir sind stattdessen drei/vier Wagons weiter vor gelaufen und habe so einige „außenrum“ überholt, die sich drin durch die vollen Gänge geschoben haben. So haben wir im letzten Wagen vor der ersten Klasse tatsächlich noch zwei Plätze gefunden. Aber schön oder gar entspannend war das nicht. Hab ich´s schon erwähnt? Ich hasse die Bahn! Ich muss mich selbst daran erinnern, das nächste Mal konsequent zu bleiben.
Wiener Schmäh
Immerhin, nachdem wir um drei Uhr in Wien angekommen waren, konnten wir es ruhig angehen lassen. Zuerst mal im Hotel ein gecheckt, ein bisschen Proviant gekauft und dann einen Spaziergang in die Stadt gemacht. Wir sind ganz in der Nähe des Schloss Belvedere und da hat es sich angeboten, durch den Schlossgarten zu spazieren:

Der Anschließende Rundgang durch die Fußgängerzone fiel aufgrund der unvorstellbaren Menschenmassen kürzer aus, als gedacht. Für ein Bild vom Stephansdom hat es aber noch gereicht:

Um dem Trubel eines Samstag Nachmittag zu entgehen kam die Idee auf, eine Rooftop-Bar zu besuchen und den Sonnenuntergang dort zu genießen. Eva kannte da eine ganz „Aussichtsreiche“ in der Nähe unseres Hotels. Das Problem: Zu Fuß ca. 30 Minuten, bei 45 Minuten bis zum Sonnenuntergang. Leicht außer Atem haben wir das sogar 5 Minuten schneller geschafft also von Google Maps vorhergesagt. Allerdings waren wir dennoch zu optimistisch. Es bleibt die Erkenntnis: Rooftop Bars sind im Herbst nicht mehr grundsätzlich offen – Vorübergehend geschlossen bis Mai.
Das war aber auch nicht schlimm, wir hatten schließlich einen langen Tag. Also gab es im Hotel-Restaurant ziemlich leckeres Essen mit einem höllisch guten Lavakuchen zum Abschluss.
Morgen geht es nach dem Frühstück je nach Wetter auf den Kahlenberg oder in die Stadt. Wir machen uns jedenfalls keinen Stress.
Erinnerungen
Den zweiten Tag haben wir mit einem entspannten Frühstück bei Omas und Opas begonnen. Und es hat sich mal wieder gezeigt: Wenn man nur offen ist für Begegnungen, dann kommt man immer mit Leuten ins Gespräch. In diesem Fall zwei Italienerinnen, die zu uns an den Tisch gesetzt wurden und die sich sehr begeistert gezeigt haben von Evas Liebe für deren Heimatland.
Da das Wetter für den Tag einen stabilen Eindruck gemacht hat, beschlossen wir, ein bisschen auf der Erinnerungswelle zu surfen. Ich habe das Jahr 1999 fast ausschließlich in Wien verbracht – aus beruflichen Gründen. Damals war ich mit ein paar Kollegen auf einem SAP Projekt bei unserer dortigen Niederlassung. Das Hotel, in dem wir gute 12 Monate gehaust haben, liegt im 19. Bezirk, in Grinzing. Und direkt hinter Grinzing liegt der Kahlenberg.

Es war zwar noch ein bisschen diesig, aber wenn man ganz genau hin schaut, dann erkennt man die Hundertwasser-Müllverbrennung in Spittelau, den Stephansdom und das Schloss Belvedere:

Auf dem Weg zurück in die Stadt gab es nach 26 Jahren ein Wiedersehen mit der damaligen Behausung. Sieht zumindest von Außen immernoch gleich aus:

Brot und Spiele am Nachmittag
Nach diesem Nostalgie-Flash stellte sich die Frage nach der weiteren Gestaltung des Tages. Evas Vorschlag passte gut zum fortgeschrittenen Vormittag bzw. zur Mittagszeit: Kaiserschmarren in dem was füher mal „Palatschinkenpfanderl“ hieß. Auf dem Weg dort hin kamen wir hier vorbei, im Palais Ferstel:

Von hier aus ging es aber auf direktem Weg zum Essen:


Und wo wir dann schon mal nur eine Station davon entfernt waren und Eva noch nie mit dem Wahrzeichen gefahren ist: Prater!
Ehrlich gesagt war ich damals nicht oft im Prater und hatte ihn mit deutlich weniger Achterbahnen in Erinnerung. Aber das ist ja fast schon ein ganzer Freizeitpark in der Stadt.

Kompakt-Achterbahn:

Aber eigentlich waren wir ja dafür da:

Und hier gab es auch was Neues: Eine „offene Plattform“ zum Mitfahren. Na, wer würde sich trauen?

Wir haben aber den klassischen Weg in einem geschlossenen Waggon gewählt. Ja, so nennt man die Kabinen hier, weil der Erfinder bzw. Erbauer des Riesenrades ein Eisenbahn-Konstrukteur war.

Den Abschluss machte das Amerlingbeisl. Ein süßes, traditionelles Lokal, mit gemütlichem Innenhof ( in dem es überraschenderweise noch gar nicht zu kalt war – was wohl auch dem erst später entdeckten Glasdach geschuldet war) und Katze:

Was die kommenden Tage angeht: Wir haben schon eine verrückte kleine Option für das morgige Frühstück entdeckt und lassen uns ansonsten ein bisschen durch die Tage treiben.
Grüßle,
Bloke
