Wer den Schaden hat…

… spottet jeder Beschreibung. Ich habe lange überlegt, wie dieser Artikel heißen soll, aber ich denke, das trifft es am besten. Denn bevor es in den kommenden Wochen wieder um Reisen und Kurzurlaube gehen wird, teile ich hier noch eine Erfahrung mit der heimischen Hausautomation… Was soll schon schiefgehen?!?

Hintergrund

Zur Erklärung hier ein paar Informationen zum Kontext. In unserem Häuslein wurden von Vermieterseite elektrische Rolläden eingebaut. Funkgesteuerte von Somfy. Diese werden hauptsächlich durch batteriebetriebene Wandschalter gesteuert. Rauf fahren und runter fahren durch Knopfdruck. Nett, aber man geht halt doch wieder durch alle Zimmer und drückt Knöpfe. Also habe ich im Frühjahr einen Tahoma Switch gekauft. Den könnt ihr bei Interesse unter dem obigen Link zu Somfy finden. Warum wollte ich den? Weil diese Schaltzentrale es mir erlaubt, die Rolläden über das WLAN zu steuern. Sie übersetzt also den proprietären Funk, den die Rolladenmotoren „sprechen“ in das WLAN. Und damit sind die Motoren auch über den HomeAssistant zu steuern.

Ihr denkt euch wahrscheinlich: Na und? Nun, als „Spielkind“ kann ich die Motoren über HomeAssistant automatisieren. Zum Beispiel: Jeden Abend, 15 Minuten NACH Sonnenuntergang, fahren sie von „Offen“ auf eine Zwischenstufe „Dreiviertel zu“. Und 30 Minuten nach Sonnenuntergang fahren sie vollständig herunter. Cool.

Bei solchen Installationen kommt man relativ schnell auf die Frage: Was passiert, wenn ich an einem lauen Sommerabend bis in die Dunkelheit auf der Terrasse sitze? Es gibt drei Möglichkeiten:

  • Mit großen Augen des Erschreckens unter dem sich schließenden Rolladen hindurch hechten.
  • Draußen übernachten (es ist ja eh eine warme Sommernacht)
  • Einen Sensor installieren, der erkennt, ob die Tür offen ist und im Falle einer geöffneten Tür den Rolladen offen lassen.

Diesen Sensor habe ich installiert. Und das funktioniert bisher sehr zuverlässig.

MORGENS sieht die Prozedur etwas anders aus. Da der Öffnungssensor nun schonmal installiert ist, kann man den auch hier nutzen:

Der Rolladen fährt 15 Minuten nach Sonnenaufgang von „zu“ in die Dreiviertelposition und 30 Minuten nach Sonnenaufgang ganz auf. AUßER, wenn die Terrassentür im Sommer zwecks Lüften des Hauses über Nacht offen war. Dann bleibt er auf Dreiviertel stehen, damit wir nicht am Wochenende, wenn wir länger schlafen, einen „Tag der offenen Tür“ zum Garten veranstalten.

Als letzten Hintergrund muss man jetzt nur noch wissen: Die Dreiviertel-Position wird beim Drücken der Taste bzw. beim Senden des Kommandos immer angefahren, egal wo der Rolladen steht. Ist er tiefer, fährt er hoch, ist er höher, fährt er runter. Mögen die Spiele beginnen…

Eigentlich ist Eva schuld

Genau! Das musste mal gesagt werden. Denn an der Schule gab es letzte Woche eine Informationsveranstaltung, zu deren optischer Verschönerung auf unserer Terrasse, gleich neben der Tür, eine Palette Heidekraut gelagert wurde. Und diese Palette musste jetzt ins Auto geladen werden. Problem: Die Rolläden waren noch ganz unten. Aber dafür gibt es ja eine einfache Lösung: Den Tür-Rolladen per Knopfdruck auf den Funkschalter hoch fahren. So weit, so gut. Und jetzt ist ein wenig Phantasie gefragt!

Ich stehe also in der Tür, ein Fuß draußen, einen drinnen, halte mit dem linken Knie die Fliegengitter-Tür auf und greife die Blumen-Palette am Boden neben der Tür. Und just in diesem Moment, während dieser 10 Sekunden, ist es ganz genau 15 Minuten nach Sonnenaufgang. Mag jemand raten, was passiert ist? Nein? Alle noch geschlossenen Rolläden sind in die Dreiviertel-Position hoch gefahren, der Terrassentür Rolladen wollte in die Dreiviertel-Position HERUNTER fahren. Wer da etwas dagegen hatte? Die Fliegengitter-Tür.

Und schon kam eine weitere Eigenheit DIESER Motoren zum Tragen: Die fehlende Drehmoment-Abschaltung. Diese Motoren sind so eingestellt, dass sie eine vorgegebene Position stur anfahren, unabhängig vom gegebenen Widerstand. Da der Rolladen sich aber – Fliegengitterbedingt – nicht in der Führungsschiene nach Unten bewegen konnte, entstand im Rolladenkasten etwas, das mich sehr an ein eng aufgewickeltes Papier erinnerte, wenn man es dann los lässt. Ein „aufgeblähter“ Rolladen.

Das Unheil und sein Lauf

Eva musste los und ich stand da, mit einem im Rolladenkasten „aufgeblähten“ Rolladenwickel und einer verklemmten Fliegengitter-Tür. Das Letzte, worum ich Eva noch bitten konnte war, den Rolladen wieder hoch fahren zu lassen. Das hat sie auch gemacht. Und die Tür war wieder frei. Wer darüber hinaus noch frei war? Der Rolladen.

Denn da er nun so luftig locker gewickelt war, hat er sich beim Hochfahren nicht wieder eng gezogen, sondern einfach beim Aufwickeln oben aus der Schiene in den Kasten gezogen. Es gibt hier nämlich keine „Anschlag-Pömpel“. Normalerweise weiß der Motor ja, wann er die obere Position erreicht hat. Von einem zu locker gewickelten Rolladen wusste er leider nix.

Die nächsten 15 Minuten habe ich damit verbracht, den Rolladen mehrfach in kleinen Impulsen zu und auf zu fahren in der Hoffnung, den Anfang so zu positionieren, dass ich ihn wieder in die Schienen einfädeln konnte. Mit etwas Werkzeug, Gerüttel und Geschiebe habe ich das irgendwann geschafft. Aber: Während der Motor der Überzeugung war, der Rolladen sei ganz oben, war er nun auf „Halbmast“. Wahrscheinlich ist es im Rahmen der Wiedereinfädelung zu ein/zwei „Überschlägen“ gekommen.

Positionsbestimmung für Verzweifelte

Ich musste nun also die Endpositionen neu programmieren. Glücklicherweise gibt es dazu eine Reihe von Anleitungen, die verschiedene Sequenzen von Tastenkombinationen auf der Funkfernbedienung beschreiben. Nicht nur beim Hersteller selbst, sondern auch in diversen Hilfeforen und Google hat dazu seit einiger Zeit auch immer eine eigene KI-Meinung. Das Problem: Man muss nicht nur das verbaute System kennen, sondern auch den genauen Typ der Motoren. Und da ich den Rolladenkasten nicht öffnen wollte, gab es da zu einem gewissen Grad Unschärfen.

Da die entsprechende Endposition relativ genau bestimmt werden musste (hoch genug für die Fliegengitter-Tür, tief genug für den Rolladenkasten und die Führungsschiene) bin ich also mit der Funkfernbedienung bewaffnet auf die Terrasse raus gegangen.

Die Anleitungen ähnelten sich zwar in den Grundzügen sehr, doch zu einigen Punkten gab es durchaus Abweichungen. Und die Motoren waren wiederum ganz anderer Meinung. Da wo sie zweimal zucken sollten taten sie es nur einmal, an anderer Stelle entgegen der Vorhersage gar nicht und dann wieder hat eine Tastenkombination nicht die erhoffte Wirkung gezeigt.

Also kam, was kommen musste. Aufgrund der ungenauen Beschreibungen und der unbekannten Motorentypen habe ich – im Pyjama, im Garten, mit der Rolladen-Fernbedienung und einem Ausdruck bewaffnet – versucht, die obere und die untere Endposition einzustellen. Dabei habe ich:

  • aus Versehen die Laufrichtung umgedreht. Rauf war runter und runter war rauf.
  • Die obere Position festgelegt, aber den Überblick verloren, in welchem Modus der Motor gerade war.
  • die untere Position (geschlossen) als obere Position gespeichert – höher als „zu“ wollte er dann nicht mehr.
  • Viele weitere Einstellungen, Tastenkombinationen und Möglichkeiten erfolgreich als falsch identifiziert.

Irgendwann stand ich draußen, der Rolladen war unten und er hat nicht einmal mehr gezuckt. Da wurde mir bewusst, dass ich weder Handy noch Schlüssel dabei hatte. Plötzlich war mir gar nicht mehr so kühl… Adrenalinschub! Es hat mich eine ganze Stunde und viele Nerven gekostet bis irgendwann alles wieder so war, wie es sein sollte. Ich will nicht wissen, wie viele Nachbarn oder Spaziergänger sich gefragt haben, was der Typ im Schlafanzug da eigentlich im Garten macht.

Regelwerk-Evolution

Nachdem der Rolladen also wieder Oben und Unten korrekt unterscheiden und ansteuern konnte, stellte sich mir die Frage: Wie verhindere ich so etwas in Zukunft? Die Automation muss angepasst werden!

Impuls Eins: Wenn die Tür offen ist, bleibt der Rolladen oben (so wie Abends). Problem: MORGENS soll er bei offener Tür ja gerade NICHT ganz hoch fahren.

Impuls Zwei: Wenn die Automation ihn auf die Dreiviertel-Position fährt, dann macht sie das nur, wenn er vorher auch ganz geschlossen war. Wenn er das nicht war, dann habe ich offensichtlich manuell eingegriffen (so wie an dem morgen – manuell hoch gefahren) und dann bleibt er genau da, wo er ist.

Das ist aus heutiger Sicht der vielversprechendste Ansatz, den ich in den kommenden Tagen noch ein paar mal testen muss. Bisher bin ich zuversichtlich.

Also lasst euch sagen: Wenn ihr eure Rolläden automatisiert, nehmt immer einen Schlüssel und/oder ein Handy mit raus 😉

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